Die Anfänge der Augenklinik (1834 – 1907)

An der neu gegründeten Berner Hochschule (Universität) waren von 1834 bis 1861 Wilhelm Rau und von 1861 bis 1866 Karl Wilhelm von Zehender die ersten Dozenten der Augenheilkunde. Beide sahen ihre Patienten in der Poliklinik im alten Inselspital, an der Stelle des heutigen Bundeshauses Ost. Die erste Berner Augenklinik mit Henri Dor als Ordinarius und Direktor wurde 1867 im Haus der Staatsapotheke an der Inselgasse eröffnet. Unter Ernst Pflüger (ab 1867), der sich mit Sehproben, einem Perimeter und Forschungen zum Glaukom einen Namen machte, zog die Klinik zweimal um. Das erst Mal 1878 ins benachbarte Kleine Amtshaus und dann 1884 mit dem gesamten Inselspital aus der Innenstadt weg an den heutigen Standort.

Die neue Augenklink am Inselspital (1908 – 2007)

Die neue Augenklinik am Inselspital hatte zunächst nur 30 Betten. Poliklinikräume, Operationsräume und Hörsaal fehlten. 1903 wurde von den Behörden ein Plan für einen Neubau genehmigt. Unter August Siegrist (ab 1903) wurde das imposante Gebäude der neuen Augenklinik (heute Bettenstation und Orthoptik) im Mai 1908 bezogen. Die Augenklinik umfasste nun 95 Betten, davon 25 in der Privatabteilung, und war zu diesem Zeitpunkt zweifellos die modernste und am besten ausgestattete Klinik des Inselspitals. 
Der Wartesaal der Augenpoliklinik wurde noch bis 1975 benutzt. Die Krankensäle wurden durch zeitgemässe Ein- und Zweibett-Zimmer abgelöst.
 

Hans Goldmann und die Berner Augenklink (1935 – 1968) 

Auf Siegrist folgte 1935 Prof. Hans Goldmann, der die Klinik bis 1968 leitete. Von 1945 bis 1947 war er Dekan der Medizinischen Fakultät. 1964/1965 war er Rektor der Universität Bern. 1968 wurde er emeritiert. Goldmanns grundlegende Forschungsarbeiten über die Pathophysiologie des Sehens, über das Glaukom und viele andere Aspekte der Ophthalmologie sicherten ihm und damit der Universitätsklinik für Augenheilkunde einen hohen internationalen Ruf. Unter Goldmann wurde die wissenschaftliche Basis für die von der Firma Haag-Streit in Bern übernommene Entwicklung von ophthalmologischen Untersuchungsgeräten wie dem Goldmann-Perimeter und dem Applanationstonometer erarbeitet. Zudem hat er zahlreiche Instrumente und Untersuchungsmethoden wie das Dreispiegelkontaktglas entwickelt. Neben der Entwicklung von Apparaten leistete er wichtige Beiträge zum Verständnis des Grünen Stars und des Grauen Stars.
Sein Name ist zusammen mit Maurice Favre (1876–1954) verbunden mit dem Goldmann-Favre-Syndrom. Zudem hat er die bis heute bestehende  «Hans-Goldmann-Stiftung» für Orthoptik gegründet. Diese hat zum Ziel den Weiterbestand und den Weiterausbau der von Prof Goldmann im Jahre 1942 gegründeten Sehschule (Orthoptik und Pleoptik) zu sichern.
 
Goldmann beklagte sich während seiner klinischen Visiten häufig über die schlechte Qualität der statischen Perimetrie. Dies war unter anderem Gründe für Professor Fankhausers Arbeiten über die Physiologie des Sehens im Zusammenhang mit der Perimetrie. Diese begannen in Bern, als er als Assistenzarzt und später als Oberarzt unter Hans Goldmann arbeitete. In Zusammenarbeit mit einer Reihe von begabten Physikern wie Alfred Rouiller und Jürg Spahr automatisierte Fankhauser die statische Perimetrie mit dem Octopus-Perimeter, das 1974 auf den Markt kam. Umfangreiche psychophysische Studien der Arbeitsgruppe Fankhauser führten zu innovativen Entwicklungen für die Perimetrie – das Berner Perimeter «Octopus» wird heute weltweit zur Gesichtsfeldprüfung eingesetzt und von der Firma Haag Streit hergestellt. Prof. F. Fankhauser und seine MitarbeiterInnen setzten in der Erforschung klinischer Anwendungen von Lasertechnologien international anerkannte Schwerpunkte. Beispielhaft sei hier die Einführung des Nd:Yag-Lasers in Zusammenarbeit mit der Firma Lasag für Behandlungen im vorderen Augenabschnitt genannt.

 

Prof. P Niesel (1968 – 1988) und Prof. F. Körner (1988- 2005)

Unter Prof. P. Niesels Ordinariat (1968 – 1988) wurden viele Neuerungen eingeführt. Die Glaskörperchirurgie (Vitrektomie) wurde 1973 in die Ophthalmologie eingeführt. 1976 wurden die ersten Glaskörperoperationen in Bern vorgenommen. Die in Bern traditionelle biomikroskopische Diagnostik von Netzhaut- und Glaskörperpathologien wurde von Prof. G. Eisner in der Weiterbildung, Lehre und Forschung vertreten und weiter ausgebaut. Prof. F. Körner (1988- 2005) setzte mit  der modernen vitreoretinalen Chirurgie, der Behandlung der diabetischen Retinopathie, Diagnostik und Therapie entzündlicher Augenerkrankungen sowie klinischen Analysen zur Frühgeborenenretinopathie Schwerpunkte in der Dienstleitung und der klinischen und experimentellen Forschung der Universitätsklinik für Augenheilkunde. Nach dem die Infrastruktur in den beiden Operationssälen des Klinikaltbaus nicht mehr ausreichten, konnte 1995 ein neuer Operationstrakt mit 2 modernen Sälen in Betrieb genommen werden.

Professor S. Wolf (2005-2023)

Professor Sebastian Wolf, der in Aachen und an der Harvard Medical School Medizin studiert hatte, wurde im Jahre 2005 als Ordinarius an die Universitätsklinik für Augenheilkunde berufen. Professor Wolf hat das Bern Photographic Reading Center BPRC gegründet und in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem international anerkannten Zentrum für die Koordination und unabhängige Auswertung von Bildern etabliert. Das BPRC war und ist an zahlreichen klinischen Studien im Bereich der Netzhaut- und Neurologietherapie von grossen Pharmaunternehmen und kleinerer Biotech-Unternehmen beteiltigt. Unter Professor Wolf hat sich die klinische und grundlagenwissenschaftliche Forschung weiterentwickelt, so dass die Universitätsklinik für Augenheilkunde an der Universität Bern aber auch auf internationalem Niveau einen Spitzenplatz einnimmt. In diese Zeit fällt eine vertiefte Zusammenarbeit mit dem ARTORG Center und damit verbunden die Gründung zahlreicher Startups unter anderem Perivision und RetinaAI. Zudem wurde die alte aus den 70er Jahren stammende Poliklinik renoviert und 2016 bezogen.